Sonntag, 1. Juni 2008

Etappe 5: Tübingen - Alpirsbach, 01.06.2008

Am Sonntag bin ich aufgrund der unruhigen Nacht schon zeitig munter und so beschließe ich den Tag gleich in Angriff zu nehmen. Ich breche also auf – zunächst allerdings erst nochmal zurück in die Stadt, denn am Vorabend hatte ich keine Muse mehr für Sightseeing.
Auf alle Fälle hat Tübingen einiges zu bieten: Kirchen, Schloss, etc.




Abbildung 37: Tübingen


Abbildung 38: Tübingen - Jakobswegmarkierung am alten Rathaus

Leider ist der Pfarrer in St. Jakobus mit seiner Gottesdienstvorbereitung so im Stress, dass er keine Lust hat sich auch noch um einen „lästigen“ Pilger zu kümmern. Bei meiner Frage nach dem Pilgerstempel muss ich mir dann auch noch eine dumme Antwort gefallen lassen – dabei wäre ich einer netten Einladung zum Gottesdienst sicher gerne nachgekommen und hätte dann auch brav auf meinen Stempel gewartet. - Naja, das Leben folgt nun mal seine eigenen Regeln und so verlasse ich die Stadt zunächst in etwas getrübter Stimmung.


Abbildung 39: Tübingen - vor der Jakobskirche


Abbildung 40: Zwischen Tübingen und Rottenburg


Abbildung 41: St. Remigius-Kapelle zwischen Tübingen und Rottenburg

Als nächsten Ort erreiche ich Rottenburg mit seinem St. Martins Dom und der St. Moritz Kirche. Hier ist der Gottesdienst gerade zu Ende und so erhalte ich im Dom den begehrten Pilgerstempel vom 2. Domessdiener.


Abbildung 42: Rottenburg - Dom St. Martin und Marktplatz
Weitere Sehenswürdigkeiten können mich nicht fesseln und so setze ich meinen Weg entlang dem Neckar fort. Von hier aus nutze ich so gut es geht den Neckartal-Radweg. Die Beschilderung ist sehr gut und ich komme flott voran.


Abbildung 43: Horb am Neckar

Nach kurzer Zeit erreiche ich also Horb – einen eigentlich schönen Ort, der jedoch das letzte bisschen Charme vermissen lässt. Nach einer wohlverdienten Kirschschorle zieht mich die Reiselust auch schon wieder weiter, immer Richtung Schwarzwald. In Ihlingen finde ich dann wieder eine Jakobskirche vor, die in etwa den Charme der Kirche in Häslabronn hat. Hier setzt man sich gerne hin um einige Momente lang ruhig zu werden.


Abbildung 44: Wegstein bei Ihlingen


Abbildung 45: Jakobskirche in Ihlingen

Bald geht es aber schon wieder weiter, immer Neckar aufwärts bis Neckarhausen. Doch zuvor mache ich Pause auf einer schönen Wiese am Ufer um mein Zelt vom Regen der letzten Nacht zu trocknen. Dabei sehen mich die Passanten zum Teil amüsiert, zum Teil brüskiert an – scheinbar ist das Zelten am Neckar nicht gern gesehen, und wer weiß schon, dass ich mein Zelt nur zum Trocknen aufgebaut habe…?

Abbildung 46: Die Sonne trocknet mein Zelt

Das Zelt ist trocken, die Wäsche, die ebenso mit aufgehängt hatte leider noch nicht, doch für den weiteren Weg spare ich mir wohl um die 2 Kilo Gewicht; zum Glück, denn nun kommet wieder ein Aufstieg, der Weg nach Loßburg ist weit und der Höhenunterschied beträchtlich!
Zunächst verlasse ich jedoch das breite Neckartal und folge dem schmäleren Tal der Glatt. Glatt, so heißt auch der erste Ort in diesem freundlichen Tal, in dem ein schmuckes, kleines Schlösschen steht.


Abbildung 47: Im Tal der Glatt

Weiter oben im Tal, in Leinstetten, gibt es eine Pilgerherberge. Sofort kommen mir Erinnerungen aus meiner Fußpilgerreise auf dem Spanischen Camino und ich freue mich bereits auf andere Pilger zu treffen. Leider muss ich oben feststellen, dass die Herberge nicht geöffnet hat und dass es auch keine Pilger gibt, mit denen ich mich unterhalten könnte. Der Deutsche Jakobsweg ist halt doch nicht mal ansatzweise so stark bevölkert wie der inzwischen ziemlich überlaufene Camino Frances.


Abbildung 48: Leinstetten mit Kirche und Pilgerherberge

Mit gedämpfter Stimmung kurble ich weiter bergan. Der Weg scheint zu wissen, dass ich etwas traurig bin und entschädigt mich mit einem überaus lieblich-romantischen Sträßchen durch ein kleines Seitental der Glatt, bevor die Straße steiler wird und mich auf der restlichen Strecke nach Loßburg völlig „schafft“. Belohnt werde ich mit einem berauschenden Glücksgefühl beim Blick zurück, wo ich die Täler in der Tiefe nicht mal mehr sehen kann.


Abbildung 49: Zwischen Leinstetten und Loßburg

In Loßburg schließlich „tanzt der Bär“. Ein Dorffest hat scheinbar alle Menschen der Umgebung herbeigelockt und bietet neben Kulinarischem und Musik auch allerhand andere Unterhaltung. Ich fühle mich hier ehr fehl am Platz.

Abbildung 50: Bei Loßburg - der Schwarzwald "von oben"

Es ist schon komisch, nach ein paar Tagen, an denen ich auf meinem Rad ganz alleine gereist bin, fühle ich mich in größeren Menschenansammlungen eher unwohl. Auch in Freiburg werde ich später dieses Gefühl wieder verspüren, dieses Unbehagen das aus der Hektik und dem Trubel in mir erwächst. Ich flüchte regelrecht zurück zu ruhigeren Orten. Ich mag vielmehr die Begegnungen am Wegesrand oder am Abend, die schönen Gespräche und die guten Wünsche für die weitere Reise. In großen Massen scheinen die Menschen keine Zeit mehr füreinander zu haben. Jeder geht seinen individuellen Zielen nach, ohne seine Mitmenschen wahrzunehmen.
Ich ergreife also die Flucht und radle weiter, erleichtert den Tumult hinter mir lassen zu können.
Jetzt bin ich im Schwarzwald! Die Häuser entlang der Abfahrt nach Alpirsbach lassen keinen Zweifel. Große und kleine Bauernhöfe im typischen Schwarzwaldstil liegen zu meiner Rechten, eingebettet in saftige Wiesen mit Obstbäumen drauf – und natürlich Wald. Der Wald ist hier allgegenwärtig, dunkel und schattig.


Abbildung 51: Kurz vor Alpirsbach

In Alpirsbach bzw. im Ortsteil Untertal finde ich dann einen wirklich schönen Campingplatz mit einem etwas kauzigen aber sehr freundlichen Wirt. Ich fühle mich wieder einmal willkommen und komme mit den anderen Campern (meist Holländer) sehr schnell ins Gespräch. Nach einem sehr entspannten Abend mit Alpirsbacher Klosterbier und leckerem Essen schlafe ich glücklich und zufrieden ein.

Karte der fünften Etappe

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